Was ist nicht-suizidales selbstverletzendes Verhalten (NSSV)?
- Andreas Reinhard
- 14. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 23. Juni
Das Nicht-Suizidale Selbstverletzende Verhalten – kurz NSSV – beschreibt ein Krankheitsbild, bei dem sich eine Person absichtlich und wiederholt körperlich verletzt, ohne die Absicht zu haben, sich das Leben nehmen zu wollen.
Zu den häufigsten Methoden gehören das Schneiden, Ritzen, Beissen, Verbrennen oder Schlagen des eigenen Körpers.
Oft betreffen die Verletzungen gut erreichbare Körperstellen wie Unterarme, Hände oder Beine. Auch das absichtliche Stören der Wundheilung, z.B durch wiederholtes Aufkratzen einer selbst zugefügten Wunde, kann Teil des Verhaltens sein.
Das Verhalten ist gesellschaftlich nicht akzeptiert, also keine kulturelle Praxis oder harmlose Gewohnheit und es erfüllt für die Betroffenen bestimmte psychische Funktionen.
NSSV ist eine destruktive Art, mit starkem innerem Stress, Anspannung oder belastenden Gefühlen umzugehen, wenn andere Bewältigungsstrategien fehlen oder nicht ausreichen.
Viele Menschen verletzen sich z. B., um eine innere Anspannung abzubauen, negative Gefühle zu regulieren, sich selbst zu bestrafen, wieder Kontrolle zu spüren (besonders bei innerer Leere oder Dissoziation), oder um nicht in suizidales Verhalten zu rutschen. Das kann für manche Menschen paradox klingen, ist für den Betroffenen in diesen Situationen jedoch häufig der einzige Ausweg, den sie gerade sehen.
NSSV beginnt oft im Jugendalter und betrifft mehr Mädchen als Jungen.
Es kommt sowohl bei Menschen mit einer psychischen Erkrankung als auch bei psychisch gesunden Menschen vor.
Studien zeigen: Rund 17 % der Jugendlichen ohne psychische Erkrankung und 42 % der Jugendlichen mit einer psychischen Erkrankung haben Erfahrungen mit NSSV. Diese Zahlen zeigen, wie viele Menschen eigentlich von diesem Thema betroffen sind.
Im Erwachsenenalter kommt NSSV seltener vor, kann aber weiterhin bestehen oder sich entwickeln.
Trotz der oft erschreckenden Verletzungen steht beim NSSV nicht die Absicht im Vordergrund, zu sterben, sondern das Bedürfnis, mit seelischem Schmerz klarzukommen.
Trotzdem muss allen bewusst sein, dass Menschen, die an NSSV leiden, generalisiert ein erhöhtes Suizidrisiko haben. Aus diesem Grund ist eine Frühzeitige Behandlung von grosser Bedeutung.
Die Behandlung von NSSV erfolgt meist im Rahmen einer Psychotherapie. Es geht darum, die Funktion des Verhaltens zu verstehen, andere Wege der Emotionsregulation zu erlernen und den seelischen Schmerz anders zu bewältigen.
Medikamente sind nur dann sinnvoll, wenn eine zugrunde liegende psychische Erkrankung (z. B. Depression, Borderline-Persönlichkeitsstörung) behandelt werden muss.
Betroffene oder Angehörige von NSSV können sich beim Hausarzt oder einer Beratungsstelle melden. Aus dem Verhalten herauszukommen, ist nicht einfach, mit professioneller Begleitung jedoch machbar.

